In Kassel bleibt Antisemitismus nicht unwidersprochen – Solidarität mit den Opfern des Antisemitismus auf der documenta

von fraktion

Zur aktuellen Debatte zum Antisemitismus im Rahmen der documenta 15 erklärt Thomas Volmer, Sprecher für Antifaschismus der Grünen im Kasseler Rathaus:

 

„Die zur Schau gestellte antisemitische Hetze der Gruppe Taring Padi auf der documenta verurteilen wir aufs Schärfste. Antisemitismus darf in Kassel und auf der documenta keinen Platz haben. Die rote Linie hin zu menschenverachtendem Hass wurde mit dem Werk auf dem Friedrichsplatz klar überschritten.

 

Die Grüne Fraktion im Kasseler Rathaus solidarisiert sich daher mit allen Opfern dieses jüngst zur Schau gestellten Antisemitismus. Wer Feindseligkeit gegenüber Jüdinnen und Juden schürt, wird das nicht unwidersprochen tun können. Wir streiten immer dafür, Kassel zu einem Ort zu machen, an dem sich Menschen in ihrer gesamten Vielfalt wohl und sicher fühlen. Dazu gehört stets auch, dass Jüdinnen und Juden ohne Antisemitismus zu erfahren durch Kassel und über die documenta laufen können. Daher unterstützen wir die Entscheidung, das antisemitische Werk auf dem Friedrichsplatz abzubauen, ausdrücklich.

 

Nur diese klare Entscheidung, die auch für alle weiteren grenzüberschreitenden Werke gelten muss, eröffnet die Möglichkeit, dass die zahlreichen Künstlerinnen und Künstler gemeinsam mit den Besucherinnen und Besuchern aus aller Welt weiterhin eine vielfältige documenta gestalten können, die nicht unter dem Generalverdacht des Antisemitismus stehen muss.“

 

Christine Hesse und Steffen Müller, Fraktionsvorsitzende der Kasseler Grünen, ergänzen:

 

„Gleichzeitig brauchen wir jetzt endlich den Dialog über Antisemitismus, der schon im Vorfeld der documenta nötig gewesen wäre. Noch in der Stadtverordnetenversammlung im Mai haben wir Herrn Geselle nach seiner Haltung zur Absage der Gesprächsreihe ‚we need to talk‘ gefragt und als Antwort nur den Verweis auf die Kunstfreiheit erhalten. Dieser greift bei dieser documenta aber zu kurz. Das hat sich jetzt schmerzlich gezeigt und den maximalen Schaden angerichtet.

 

Die bisherigen Fehler dürfen bei der Konzeption der nötigen Dialogformate nicht wiederholt werden. Nicht nur in dem kritisierten Werk, sondern auch in zahlreichen Debattenbeiträgen der aktuellen Diskussion zeigt sich, wie viel Hass Menschen aufgrund ihres jüdischen Glaubens noch immer erfahren müssen. Der Diskurs über Menschenfeindlichkeit darf nie von Seiten der Täterinnen und Tätern vorgegeben werden, sondern muss vor allem die Opferseite einbeziehen. Das muss jetzt sichergestellt werden, so wie nun auch der Abbau des antisemitischen Werkes sichergestellt wurde.

 

Schlussendlich brauchen wir eine intensive Aufarbeitung, wie es dazu kommen konnte, dass das antisemitische Werk überhaupt aufgestellt wurde. Hierbei ist es zu einfach, die volle Verantwortung auf die künstlerische Leitung zu schieben. Es gehört zu den Pflichten der Generaldirektorin, zu vermitteln, dass nicht alles, was in den Ländern der Künstlerinnen und Künstler toleriert wird, bei einer documenta in Deutschland hinnehmbar ist.“

 

Hintergrund:

Auszüge aus der Antwort von Christian Geselle auf die Frage von Selina Holtermann in der Stadtverordnetenversammlung am 16. Mai, wie der Magistrat zur kurzfristigen Absage der Veranstaltungsreihe „we need to talk“ steht, die bundesweit für schlechte Schlagzeilen gesorgt hat:

„Die Stadt Kassel ist gut darin beraten, die Freiheit der Kunst sehr zu apostrophieren und zu verteidigen. […] Mit dieser Freiheit der Kunst steht und fällt die documenta. Das ist die DNA, das ist das besondere an unserer documenta im Vergleich zu anderem. Diese Freiheit der Kunst endet dort, und das habe ich im Februar in diesem Zusammenhang deutlich erklärt, wo Gesetze überschritten werden. Und solange keine Gesetze überschritten werden, sind die künstlerische Leitung und die entsprechenden Künstler frei darin, vorzutragen – auch, liebe Frau Holtermann, wenn das mit Blick auf unsere Geschichte und unsere Rolle und unsere Verantwortung als Deutsche mit Blick auf den Staat Israel und die Menschen jüdischen Gaubens in unserem Land für den ein oder anderen schwer nachzuvollziehen ist. […]“

Hier ab Minute 27:55 anzuhören.

Diese Website verwendet Cookies – nähere Informationen dazu und zu Ihren Rechten als Benutzer finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.
Verstanden