Mit Herrn Geselle ist eine Mobilitätswende nicht zu machen

von fraktion

Christian Geselle hat einen vom Straßenverkehrsamt vorbereiteten Verkehrsversuch auf dem Steinweg in Kassel ausgebremst. Geplant war, während der documenta 15 und darüber hinaus für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr im Rahmen eines Verkehrsversuchs auf dem Steinweg einen Radfahrstreifen einzurichten. Im Abschnitt Mittelgasse bis hinter den Friedrichsplatz in Richtung Weinberg sollte die Verkehrsfläche auf dem äußersten rechten Fahrstreifen dem Radverkehr gewidmet werden. Daraus soll jetzt nichts werden.

 

„Durch diesen Vorfall wird die blockierende Haltung Geselles zur Erprobung verbesserter Infrastruktur für Radfahrende in Kassel offenkundig. Wenn ich an die Bemühungen denke, die die grün-rote Koalition zur Erfüllung der im Koalitionsvertrag selbst gesteckten Radverkehrsziele unternimmt, übernimmt Herr Geselle nicht selten die Funktion einer schleifenden Felgenbremse“, sagt Dr. Sven Schoeller, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Kasseler Rathaus. „Wir können treten, wie wir wollen, aber wir kommen nicht recht vom Fleck.“ Aber vielleicht, so Schoeller weiter, sei es ja ganz hilfreich, wenn an diesem Beispiel mal transparent wird, wo die Probleme liegen. Nachdem der Ortsbeirat Mitte mit den Stimmen der dortigen SPD-Mitglieder für den Verkehrsversuch gestimmt habe und der grün-rote Koalitionsvertrag explizit Verkehrsversuche für Hauptverkehrsstraßen vorsehe, zeige sich mit Deutlichkeit, wie einsam es um Herrn Geselle bei seiner antiquierten Haltung zu Mobilitätsfragen geworden ist.

 

„Noch im Mai des vergangenen Jahres durften wir in der Zeitung lesen, Herr Geselle wolle Kassel in Sachen Radverkehr zu einer Art Kopenhagen machen. Dem war bereits damals mit Skepsis zu begegnen. Heute müssen wir leider feststellen, dass Kassel und Kopenhagen mit K beginnen, dort die Gemeinsamkeiten aber schon enden“, so Schoeller. In Kassel sind gerade mal 4 % der gesamten Verkehrsfläche dem Radverkehr gewidmet und das schließt gemeinsam genutzte Flächen bereits mit ein. Sämtliche Fahrradstraßen Kassels erlauben KfZ-Verkehr und ermöglichen insbesondere auch KfZ-Durchgangsverkehr, der die Attraktivität für Radfahrende deutlich herabsetzt. „Solange fachkundig im Verkehrsdezernat ausgearbeitete Verkehrsversuche, die dem Radverkehr mehr Raum und den radfahrenden Menschen mehr Sicherheit im Straßenverkehr bieten, von oben ausgebremst werden, wird Kassel eine Mobilitätswende nicht erleben“, befürchtet Schoeller.

 

Städtebaulich ist der breite autobahnhafte Steinweg eine Barriere, der den Friedrichsplatz vom Theatervorplatz und der Karlsaue trennt – auch insoweit wäre die geplante Erprobung einer Verschmälerung dieser Barriere ein für die Stadt wertvolles Unterfangen.

 

„Schließlich zeugt es auch von wenig Sensibilität gegenüber den erklärten und auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Leitmotiven der documenta 15, dass selbst wenige 100 Meter temporären Radfahrstreifens nicht die Zustimmung Geselles finden. Das Image, das von Kassel hiermit an die Weltöffentlichkeit gesendet wird, ist im Sinne einer autogerechten Stadt rückständig und verheerend. Der Leitbegriff der documenta 15 ist ‚Lumbung‘. Dieser steht auch für gerechte Verteilung. Die gerechte Verteilung des Verkehrsraums und die sichere Teilhabe umweltfreundlicher Verkehrsmittel sollten darunter fallen. Die Entscheidung Geselles lässt eine Lumbung-Kompetenz gänzlich vermissen“, resümiert Schoeller.

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