Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Kasseler Rathaus fordert, die Zusammenarbeit der Stadt Kassel mit dem Verein Deutsche Sprache zu beenden. Dieser ist in der Vergangenheit immer wieder durch reaktionäre Positionen und Äußerungen in die Kritik geraten, so dass u. a. zuletzt die erfolgreiche deutsche Schriftstellerin Kerstin Boie eine Preisverleihung durch den VDS abgelehnt hat.
Insbesondere der Vorsitzende des Vereins stand in den vergangenen Jahren stark in der Kritik. Als Statistik-Professor stellte er ein Zitat Hitlers zur Schau, welches von der Präsidentin der TU Dortmund als eine „abstruse Botschaft und zweifellos unsensibel gegenüber allen Opfern des Nationalsozialismus“ bewertet wird. „Die Stadt Kassel bekennt sich zu Demokratie, Meinungsfreiheit, Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit. Da diese Werte offenbar vom Verein nicht geteilt werden, muss unserer Ansicht nach die Zusammenarbeit beendet werden“, so die wissenschaftspolitische Sprecherin der Grünen Rathausfraktion, Sophie Eltzner. Der Kulturpreis Deutsche Sprache wird seit mehreren Jahren vom Magistrat der Stadt Kassel mit einer jährlichen finanziellen Förderung in fünfstelliger Höhe unterstützt.
Nicht allein der Vorsitzende, auch der Verein im Allgemeinen steht in der Kritik. In dessen „Sprachnachrichten“ werden öffentlich-rechtliche Medien unter anderem als „Lügenmedien“ betitelt. Dort werden für schwarze Menschen weiterhin Fremdbezeichnungen aus der deutschen Kolonialzeit genutzt. Gleichzeitig erhebt er sich vor dem Hintergrund der kolonialen Vergangenheit Deutschlands in die Position, als weiße Menschen schwarzen Menschen erklären zu wollen, welche kolonialen Fremdbezeichnungen sie als rassistisch zu verstehen haben und welche nicht. „Diese Positionen sind unvereinbar mit der Beschlusslage der Stadt Kassel“, berichtet Eltzner.
Im Frühjahr 2020 hat die Stadt Kassel beschlossen, geschlechtergerechte Sprache in der Verwaltung einführen zu wollen, um die Gleichberechtigung von Frauen und Menschen anderer Geschlechtszugehörigkeit sprachlich sichtbar zu machen. Der VDS hatte als Reaktion auf diesen Beschluss in einem Brief bekundet, die geschlechterumfassende Sprache könnte Anlass sein, den Kulturpreis künftig woanders zu vergeben. Neuerdings ruft der VDS auch dazu auf, den Duden zu boykottieren, da er mit ihrem Ideal von Sprache nicht konformgeht. 39 Linguistikprofessor*innen hingegen identifizieren den Verein Deutsche Sprache in einem öffentlichen Brief als wissenschaftsfeindlich und als „ein Musterbeispiel für einen intoleranten, unaufgeklärten Sprachpurismus“.