Verein Deutsche Sprache ist Vergangenheit

von fraktion

Der Kulturpreis Deutsche Sprache wird künftig in Baden-Baden vergeben. 20 Jahre lang war Kassel der Ort der Preisverleihung. Nicht mehr beteiligt ist dabei der Verein Deutsche Sprache (VDS). Die Eberhard-Schöck-Stiftung verleiht den Preis künftig ohne den Verein. Die Grünen-Fraktion im Kasseler Rathaus hatte zuvor gefordert, dass die Stadt Kassel die Zusammenarbeit mit dem VDS beendet. Der Verein war in der Vergangenheit immer wieder durch reaktionäre Positionen und Äußerungen in die Kritik geraten, sodass zuletzt die erfolgreiche deutsche Schriftstellerin Kerstin Boie eine Preisverleihung durch den VDS abgelehnt hat.

Abstruse Botschaft des Vorsitzenden

Insbesondere der Vorsitzende des Vereins, Prof. Dr. Walter Krämer, stand in den vergangenen Jahren stark in der Kritik. Als Statistik-Professor stellte er ein Hitler-Zitat zur Schau, das von der Präsidentin der TU Dortmund als eine „abstruse Botschaft und zweifellos unsensibel gegenüber allen Opfern des Nationalsozialismus“ bewertet wird. „Die Stadt Kassel bekennt sich zu Demokratie, Meinungsfreiheit, Toleranz, Vielfalt und Weltoffenheit. Da diese Werte offenbar vom Verein nicht geteilt werden, muss unserer Ansicht nach die Zusammenarbeit beendet werden“, hatte die wissenschaftspolitische Sprecherin der Rathausgrünen, Sophie Eltzner, gefordert. Der Kulturpreis Deutsche Sprache wird seit mehreren Jahren vom Magistrat der Stadt Kassel mit einer jährlichen finanziellen Förderung in fünfstelliger Höhe unterstützt.


Verein sieht öffentlich-rechtliche Medien als „Lügenmedien“

Nicht allein der Vorsitzende, auch der Verein im Allgemeinen steht in der Kritik. In den Sprachnachrichten werden öffentlich-rechtliche Medien unter anderem als „Lügenmedien“ betitelt. Dort werden für schwarze Menschen weiterhin Fremdbezeichnungen aus der deutschen Kolonialzeit genutzt. Gleichzeitig maßt es sich der Verein an, dass weiße Menschen schwarzen Menschen erklären, welche kolonialen Fremdbezeichnungen sie als rassistisch zu verstehen haben und welche nicht. „Diese Positionen sind unvereinbar mit der Beschlusslage der Stadt Kassel“, berichtet Eltzner.


Intoleranter, unaufgeklärter Sprachpurismus

Im Frühjahr 2020 hat die Stadt Kassel beschlossen, geschlechtergerechte Sprache in der Verwaltung einzuführen, um die Gleichberechtigung von Frauen, Männern und Menschen anderer Geschlechtszugehörigkeit sprachlich sichtbar zu machen. Der VDS hatte als Reaktion auf diesen Beschluss in einem Brief bekundet, die geschlechterumfassende Sprache könnte Anlass sein, den Kulturpreis künftig woanders zu vergeben. Neuerdings ruft der VDS auch dazu auf, den Duden zu boykottieren, da er mit ihrem Ideal von Sprache nicht konformgeht. 39 Linguistikprofessor*innen hingegen identifizieren den Verein Deutsche Sprache in einem öffentlichen Brief als wissenschaftsfeindlich und als „ein Musterbeispiel für einen intoleranten, unaufgeklärten Sprachpurismus“.

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