Offener Brief an die Frauenärztinnen Natascha Nicklaus und Nora Szász

von fraktion

An die Frauenärztinnen
Natascha Nicklaus und Nora Szász

Kassel, den 05. Februar 2018

 

Offener Brief an die Frauenärztinnen Natascha Nicklaus und Nora Szász

 

Sehr geehrte Frau Nicklaus, sehr geehrte Frau Szász,

wir, Stadtverordnete und ehrenamtliche Magistratsmitglieder der Stadt Kassel, möchten Ihnen für Ihre Arbeit danken.  Als Frauenärztinnen leisten Sie einen erheblichen Beitrag zur Gesundheitsvorsorge von Frauen in allen Lebensabschnitten. Von der Krebsvorsorge bis zur Unterstützung eines Kinderwunsches, die von Ihnen getragene Verantwortung ist groß.

Umso erschrockener waren wir, als bekannt wurde, dass gegen Sie – wie gegen die Gießener Ärztin Kristina Hänel – unter Berufung auf den §219a StGB Strafanzeige gestellt wurde. Ihnen wird vorgeworfen, auf Ihrer Internetseite für Schwangerschaftsabbrüche zu werben. In der Tat informieren Sie jedoch lediglich darüber, welche operativen Eingriffe Sie ambulant durchführen können – also ausschließlich über die Ihnen gegebenen Möglichkeiten.

Es ist offensichtlich, dass es sich bei der Strafanzeige gegen Sie um einen Einschüchterungsversuch eines Abtreibungsgegners handelt, der nicht einmal davor zurückschreckt, straffreie Schwangerschaftsabbrüche mit dem systematischen Massenmord durch die Nationalsozialisten zu vergleichen und unseren demokratischen Rechtsstaat als Diktatur bezeichnet.

Wir verurteilen dieses Vorgehen und werten es als einen Angriff auf die Selbstbestimmung der Frauen. Nur wenn alle benötigten Informationen verfügbar sind – und das betrifft bei Weitem nicht nur Schwangerschafts-abbrüche – können sorgsam abgewogene Entscheidungen getroffen werden.

Daher, sehr geehrte Frau Nicklaus und sehr geehrte Frau Szász, gebührt Ihnen unser Respekt für Ihre Entscheidung, sich nicht einschüchtern zu lassen und das Recht der Frauen auf Information zu wahren, obwohl dies gleichzeitig für Sie selbst einen Prozess und eine eventuelle Verurteilung bedeuten kann.

In Kassel wollen wir es Ihnen gleichtun und werden uns dafür einsetzen, dass der Zugang zu Informationen über die verschiedenen Angebote der Schwangerschaftskonfliktberatung  erleichtert wird.

Wir sprechen hier mit unseren Dank, unseren Respekt und unsere Solidarität aus und wünschen Ihnen viel Kraft für die kommenden Wochen.

 

Der Brief wurde unterschrieben von über 40 der 71 Stadtverordneten.

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